Digitale Freibeuter torpedieren Urheberrecht

In Zürich wird am kommenden Sonntag die «Piratenpartei Schweiz» gegründet. Getreu ihrem schwedischen Vorbild haben sich die selbst ernannten Freibeuter den Kampf gegen das Urheberrecht auf ihre Fahne geschrieben.

Demonstration von Anhängern der schwedischen Piratenpartei in Stockholm am 18. April 2009. (Bild: Keystone)

Der Begriff «Piratenpartei» ist derzeit in aller Munde. Unzählige Journalisten haben sich schon mit diesem jungen Phänomen beschäftigt – ein Phänomen, das ohne die Entwicklung des Internets und die grenzenlosen Möglichkeiten des digitalen Datenaustauschs so niemals möglich gewesen wäre.

2006 in Schweden gegründet, ist die Piratenpartei inzwischen auch in Deutschland, Österreich, Spanien oder Frankreich und nächstens auch in der Schweiz vertreten. Alle diese Parteien treten ein für die Stärkung der Privatsphäre im Internet, und sie alle haben sich dem Kampf gegen Monopole und Patente verschrieben.

Ganz oben in der Piraten-Agenda steht die Lockerung des geltenden Urheberrechts. Dieses erlaubt es zum Beispiel einem Komponisten zu bestimmen, ob seine Werke aufgeführt oder weiterverbreitet werden dürfen. Auf diese Weise kann er ein Einkommen erzielen.

Dass die Anhänger der Piratenpartei dagegen sind, hat seinen Grund: Viele von ihnen nennen das «Filesharing» über Internet- Tauschbörsen ihr Hobby. Nicht selten werden dabei Musikwerke oder Filme angeboten und heruntergeladen, die urheberrechtlich geschützt sind.

Es dürfe niemals illegal sein, schreibt die Piratenpartei Schweiz auf ihrer Homepage, Kopien zu teilen oder Werke für den gemeinnützigen Gebrauch anderweitig zu verbreiten oder zu nutzen. Dieser «faire Gebrauch», sind die Piraten überzeugt, komme letztlich der ganzen Gesellschaft zugute. Doch wie steht es um die Urheber selbst, die Künstlerinnen und Künstler?

Urheberrecht ist Menschenrecht

«Der Schutz geistiger Werke ist ein Menschenrecht», betont Martin Wüthrich, Sprecher der Urheberrechtsgesellschaft Suisa, welche die urheberrechtlichen Interessen von Komponisten und Musik-Verlegern in der Schweiz vertritt.

«Das Urheberrecht ist durch zahlreiche internationale Abkommen gesichert.» Über diese Grundlage werde nicht diskutiert, sagte Wüthrich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA. «Es steht der Piratenpartei jedoch frei, auf gesetzlichem Wege eine Änderung des Urheberrechts zu erreichen.»

Wenn es jemandem gelinge – und das könnten nicht viele von sich behaupten -, sich eine musikalische Existenz aufzubauen, dann sei das mit dem erfolgreichen Aufbau einer Firma vergleichbar. «Es ist klar, dass die Wertschöpfung dem Firmeninhaber gehören muss.»

Altersvorsorge für Musiker

Eine Komposition ist bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt. Dieser Schutz sei – zusammen mit der Rente der Suisa – auch eine Altersvorsorge, meint Wüthrich.

Man müsse nämlich wissen, so Wüthrich, dass es in der Schweiz diverse ältere Suisa-Mitglieder gebe, die zu einem Teil von den Urheberrechtsvergütungen ihrer Werke leben können. Der Grund: ihre Werke werden auch nach Jahrzehnten noch immer gespielt, aufgeführt oder verlegt.

Ginge es nach der Piraten-Partei, so müssten die Rechte der Urheber indes stark eingeschränkt werden. Als besonders störend empfinden sie den Patentschutz, der die gewerbliche Nutzung einer Erfindung und damit eines Musikstückes ermöglicht: Nach Ansicht der Piraten soll dieser Anspruch fünf Jahre nach der Erfindung erlöschen.

Kostspieliges Unterfangen

Gar keine Freude an solchen Vorschlägen hat freilich die Musikindustrie: «Die Forderungen der Piraten-Partei sind nicht nur gegen die Interessen der Kulturschaffenden, sondern gegen die Interessen der Allgemeinheit gerichtet», sagt Wilfried Haferland von der Schweizer Landesgruppe des Verbandes der Musikindustrie, der International Federation Of Producers Of Phonograms And Videograms (IFPI).

Die Produktion von Musik sei eine kostspielige Angelegenheit, gibt Haferland zu bedenken. «Wenn sich dies nicht mehr lohnt, dann wird auch nichts mehr für die Allgemeinheit produziert», ist er überzeugt.

Ebensowenig hält die IFPI von der Idee, das Kopieren von Werken «für den gemeinnützigen Gebrauch» vollkommen zu legalisieren. In einem solchen Fall gebe es wohl niemanden mehr, der von der Musik leben könnte, sagt Haferland.

Mein Kommentar zu den kritischen Äusserungen der SUISA und des Verbandes „für“* Musikschaffende:

Als erstes scheint es mir relevant zu betonen, dass beide dieser Kommentatoren im Augenblick vom geltenden Urheberrecht leben. Dass da kritische, wenn nicht „vernichtende“ Äusserungen folgen, ist daher wenig überraschend.

In diesem Falle scheint mir eine Punkt-für-Punkt-Analyse der Kommentare äusserst sinnvoll:

«Der Schutz geistiger Werke ist ein Menschenrecht»

Dass man das Recht auf Leben, Meinungsfreiheit, Nahrung, Wasser, Hygiene und Bildung gleichstellt mit dem Recht, die eigenen kulturellen Erzeugnisse nur einer zahlungsfähigen Gesellschaftsschicht anzubieten, empfinde ich als äusserst überschätzt, im Grunde genommen arrogant. Im Augenblick wird auch gar nich das geistige Werk an sich geschützt, sondern nur die Garantie damit Geld zu verdienen.

«Es ist klar, dass die Wertschöpfung dem Firmeninhaber gehören muss.»

Dass ein Musik- Film Literatur- oder Theaterschaffender ein Firmeninhaber sein muss, ist lächerlich und absolut überflüssig. Viel mehr hindert es die Künstler daran, sich wirklich zu entfalten, weil sie stets den Nerv der Zeit treffen müssen, stets Verlage und Plattenfirmen im Nacken haben die ihnen diktieren, wie sie ihre Werke zu entwickeln und zu verbreiten haben. Das ganze wirtschaftliche Gezeter hindert die Menschen daran, echtes Potential auszuschöpfen. Wir sind immer noch in einem kulturellen Feudalismus gefangen indem die Künstler von Mäzen abhängig sind, obwohl das längst überflüssig wäre.
*in diesem Zusammenhang frage ich mich auch, ob der Verband „für“ Musikschaffende denn wirklich für die richtige Partei spielt. Vielmehr scheint es mir so, dass nicht für die Musikschaffenden, sondern für die Profiteure gesprochen wird.

«Die Forderungen der Piraten-Partei sind nicht nur gegen die Interessen der Kulturschaffenden, sondern gegen die Interessen der Allgemeinheit gerichtet»

Gegen die Interessen welcher Kulturschaffender? All jener die nur den Profit sehen statt die kulturelle Entwicklung!
Gegen das Interesse welcher Allgemeinheit? Der Allgemeinheit der Familienväter die kriminalisiert werden weil sie Hörspiele für ihr Kinder downloaden, die Allgemeinheit der Wissensdurstigen die ihre persönliche Bildung mit E-Books bereichern, oder der Allgemeinheit all jener, die durch die heutigen wirtschaftlichen Bedingungen schlicht gar nicht mehr die Möglichkeit haben, sich die überteuerten Produkte zu leisten weil das Weltvermögen sich immer stärker auf den Konten ein paar weniger alter Säcke konzentriert? Ich möchte wissen welche Allgemeinheit genau gemeint ist….

«Wenn sich dies nicht mehr lohnt, dann wird auch nichts mehr für die Allgemeinheit produziert»

Dass Musik zu schaffen ein teures Unterfangen ist, ist ein weitläufiger Irrglaube. Musik kann nach wie vor mit einer Klampfe und ein paar Töpfen produziert werden. Letzten Endes hängt die Qualität des Erzeugnisses nicht von den Mitteln sondern von der Genialität und Originalität ab. Und heutzutage ist es einem schon mit geringen Mitteln möglich, Musik zu produzieren; ein PC/Mac wird mittlerweile von jedem Haushalt kategorisch verlangt, es gibt genügend Freeware mit welche schnell und effizient etwas gestaltet werden kann. Dass es genügend Menschen gibt, die dieses allem Anschein nach „extrem kostspielige Hobby“ betreiben, beweist die Plattform von Fairtilizer. Projekt Sinnfrei und vielen anderen Künstlern ist es Lohn genug, die Musik zu schaffen.

In einem solchen Fall gebe es wohl niemanden mehr, der von der Musik leben könnte, sagt Haferland.

Und wo wäre da das grosse Problem? Können diese Menschen nicht auch wie alle anderen auch einer Arbeit nachgehen und Musik als Hobby betreiben? Was wäre denn daran so himmelschreiend schlimm? Es wäre ja nicht so, dass nur die Talentiertesten im Musikolymp hausen, in der Regel sind es nur jene, die gerade gepusht werden. Und das sagt rein gar nichts über Qualität aus.

Kämpft für echte Freiheit und eine effiziente Informationsverbreitung! Für mehr Niveau und Bildung für alle! DAS ist nämlich ein verdammtes Menschenrecht!

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