Nikolaustag, ein Nachtrag

6. Dezember, bewölkt, feucht, grau. Der November hing immer noch in den Ästen. Ich fuhr durch eine Wohngegend; vorsichtiger als sonst, denn ich wollte ja keinen der Weihnachtsmänner plattmachen. Im Grossen und Ganzen kann ich mich immer ganz gut über das bevorstehende Fest und den ganzen Klimbim freuen indem ich die kindliche Vorfreude in mir immer wieder jedes Jahr aufs Neue wiederbeleben kann.

Dieses Jahr ist es sogar schon vorgekommen, dass ich mich über eine blinkende Lichterkette genervt habe! Ich, eine Eingefleischte Lichterkettenfetischistin! Wie eine Wahnsinnige pumpe ich mit Duftkerzen, Tonnen von Schokolade und Lebkuchen Luft in die versagenden Lungen, doch meine kindliche Weihnachtsvorfreude wird es dieses Jahr wohl nicht schaffen…

Es sind bereits alle Geschenke gekauft und sie warten bei mir zuhause darauf, eingepackt zu werden. Aber wo bleibt das Gefühl, dass mich bisweilen so schnell wie eine Grippe befallen hat, sobald ich Zimt-Mandarinen gerochen habe?

Ich hätte riesige Lust, so richtig in der Weihnachtsvorfreude aufzugehen! Ich meine: immer noch besser als mich über den ganzen Weihnachtsterror zu nerven, oder? Aber nicht mal mein getreuer Freund, mein langjähriger Ohrwurm „Rudolph mit der roten Nase“, bricht das Eis!

Als nächstes werde ich mir Disneys Bambi und Cap&Capper zu Gemüte führen! Wenn ich nach diesen beiden Streifen immer noch nicht in Weihnachtsstimmung bin, gebe ich mich geschlagen!

Nun ja, zurück zum Nikolaustag! An diesem Abend habe ich – während ich so durch die Wohngegend getuckert bin – festgestellt, dass der 6. Dezember zwar kein besonders herausragender Tag war, kein echtes Fest, aber auch kein Tag wie jeder andere, denn selten habe ich so viele Autos vor den einzelnen Häusern stehen sehen. Wie Haustiere harrten die Autos in den Verregneten Zufahrten aus.

Der 6.Dezember wirkte plötzlich wie ein eindrückliches Familienspektakel, ein Datum, an dem selbst zerrüttete Familien sich zwecks gemeinschaftlicher Langeweile zu einer Blutsbande zusammenrafften! Die Revolution im Kinderzimmer, am Kochherd, vorm Fernseher – wo auch immer!

Ich bin überzeugt, gäbe es den Nikolausabend nicht, würde es viel mehr Tote an Weihnachten geben! Der Grund für diese These: der 6.12 hat in den Familien die Funktion einer „Vorweihnachtsfeier“ eingenommen und je ernster dieser Abend genommen wird, umso stärker fungiert er als Training für die eigentliche „Bescherung“. Alle Familienangehörigen können sich bereits mit dem Gedanken anfreunden, einen ganzen Abend lang mit seinen Blutsverwandten an einem Tisch zu sitzen ohne Amok zu laufen.

Der Nikolaustag ist sicher auch ein Guter Tag um seinem Eherpartner mal auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: „Du Schatz, wir müssen dringend mal zusammen reden. Ich denke irgendwann nach Weihnachten, ok?“

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