Zum Vorabend des 22. Geburtags

Aus aktuellem Anlass eine weitere sinnfreie Auskotze.
Der zweiundzwanzigste Gebrutstag rückt unaufhaltsam näher. Da kann man sich schon mal fragen: hab ich eigentlich irgendwas erreicht? Gelassen und beruhigt darf ich mir diese Frage mit einem entschiedenen Nein beantworten. Ich meine: wer will denn schon was verändern in dieser Welt? Klar, generell betrachtet möchte man schon, dass ein oder zwei Verbote abgeschafft, ein paar Menschen wegradiert, Zensur geahndet und der gesunde Menschenverstand wieder gefördert werden, aber wenn wir doch ganz ehrlich sind: es funktioniet ja auch so

Und ich will ja hier jetzt nicht pathetisch werden, aber ausgerechnet heute morgen ist mein Seefrosch tot im Aquarium herumgelegen, aufgequillter Bauch nach oben, gelb statt grün. Mal abgesehen davon, dass es ein total unappetitlicher Anblick war, muss ich euch gestehen: ein klein wenig leid hats mir schon getan. Ich habe mich etwa ein halbes Jahr lang um diesen Frosch gekümmert und ich würde anhand seiner Grösse schätzen, dass er maximal ein Jahr alt geworden ist. Und da kann man sich doch schon wieder glücklich schätzen, denn immerhin hatte ich schon zweiundzwanzig mal mehr Zeit als der Frosch, um Freunde zu finden (ok, und ich hatte auch bestimmt über zweiundzwanzig mal mehr Möglichkeiten dazu, aber ich will hier beim Thema Lebenszeit bleiben).

Eigentlich ist das Aberwitzige an der ganzen Sache, dass das Leben einem rückblickend immer leichter vorkommt, als es bisher eigentlich war. Und ich glaube das bildet den Motor des Überlebensinstinkts, denn würden wir uns ewig der schlimmen Zeiten, schmerzhaften Enttäuschungen und traurigen Ereignisse aus unserer Vergangenheit voll bewusst sein, hätten wir sicher längst die Lust am weiterleben verloren. Aber ich will ja hier nicht die Stimmung in den Keller reissen: natürlich gab’s auch viele spassige und erbauliche Momente – naja, zumindest ein paar 😉

Und natürlich haben wir auch Fehler gemacht. Unzählige! Und das Schöne ist eigentlich, dass man zwar viele Fehler gemacht hat, aber dass man zumindest durch Schmerz (oder die Angst davor) an Erfahrung gewonnen hat (naja, oder eben den gleichen Fehler immer und immer wieder begeht, aber immerhin im Bewusstsein der Folgen). Und das verflixte an der ganzen Geschichte ist dann meistens, dass man auch kaum eruieren kann, ob man sich jemals wirklich falsch entschieden hat in seinem Leben, denn wer kann schon nachvollziehen, wie alles verlaufen wäre, ohne es wirklich erlebt zu haben? Und irgendwo darf man sich ja immer zu Gute halten, dass man es bis hierhin geschafft hat (konnte die Entscheidung da so falsch sein?).

Es kann ja schon mal passieren, dass man einen kleinen Blick über die Scheuklappen hinaus wagt und beobachtet, was andere Leute mit diesen zweiundzwanzig Jahren so angestellt haben. Dabei sieht man sowohl Dinge, die einen ein wenig eifersüchtig (oder neidisch?) machen, aber auch solche, die einen amüsieren und beruhigen. Letzten Endes hängt es von den persönlichen Ambitionen ab, welcher der beiden Effekte beim Betrachten anderer Leben stärker zum Tragen kommt.

Ich für meinen Teil betrachte den Frosch, und bin daher ganz zufrieden mit mir.
Klar, vielleicht ist das Leben mehr als nur blöd in der Gegend herumzuwuseln, stets auf der Suche nach Befriedigung etwelcher Bedürnisse, getrieben vom unergründlichen Wunsch, das Morgen auch mitzuerleben. Ja klar, vielleicht ist das Leben Karriere und Geld, oder es ist Mode und Lifestyle, oder Liebe und Familie, oder Gesundheit und Wohlstand. Was auch immer, ich bleibe beim Frosch weil er a) wirklich süss zum Anschauen war und b) weniger verdorben durch die eigene Menschlichkeit ist als ich es je sein kann.

Und wenn man sich zulange Gedanken darüber macht, was man so am Vorabend des zweiundzwanzigsten Geburtstages noch alles schreiben könnte, stösst man urplötzlich und unverhofft auf die eigenen Wünsche und Ziele. Und man könnte sich jetzt hypothetisch betrachtet fragen, ob man sich theoretisch eigentlich auf dem Richtigen Weg befindet. Eine Standortbestimmung, sozusagen. Ihr dürft mich faul nennen, aber ich für meinen Teil betrachte Wünsche und Ziele mehr als ein Produkt der Zeit in der man gerade lebt, kombiniert mit der Erfahrung die man bereits gesammelt hat, gesüsst mit den momentanen Wertvorstellungen die man zur Zeit vertritt und schliesslich garniert mit dem individuellen Selbstbewusstsein. Klar, es gibt viele Menschen die geradlinig ein Ziel verfolgen, dafür leben und sich selbst dabei ganz vergessen können. Aber ich bin da mehr ein Frosch.

Und ich kann mir nicht vorstellen dass ich da alleine dastehe, denn wir können doch nicht alle „was Besonderes“ sein, das Rad neu erfinden oder was weiss ich. Ich denke Frösche wie wir halten die Politik, die Medien, die Wirtschaft überhaupt am Laufen. Der Kampf der Politiker besteht darin, soviel von uns Fröschen auf ihre Seite zu ziehen. Wir sind der Grund dafür, weshalb da oben überhaupt diskutiert wird! Und letzten Endes sind wir auch die Gruppe von Menschen, die durch Medien manipuliert werden kann. Wir sind quasi die Achse der Wahrheit, denn was uns in den Nachrichten serviert wird, können wir oftmals nicht nachprüfen und müssen es glauben. Damit übergeben wir den Medien die Macht darüber, die Wahrheit zu erschaffen. Ist doch ein ganz edler Zug von uns, nicht? Und letzten Endes sind wir die Konsumenten, die Rädchen im Getriebe (zumindest dessen Hersteller, Käufer oder Entsorger), die Bauern auf dem Schachbrett des Arbeitsmarkts.

Wie ihr zweifelsfrei feststellen könnt, hat mich der tote Frosch schwer geprägt. Mittlerweile hat mein Geburtstags-alle-Fische-Tötungskommando zugeschlagen und das Aquarium ist vollkommen leer. Ich freue mich schon darauf dort meinen Plattenspieler zu installieren und mich dem Hören meiner Lieblinge zu widmen. Und ja, ein wenig leid tat‘s mir um die Dinger schon, aber wie heisst es doch? Jeder ist sich selbst der Nächste 😉

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