Kleider machen Leute machen Kleider

Schnelllebige Mode-Erscheinungen überschwämmen den Markt und halten hartnäckig jeder Form von Nachhaltigkeitsfrage stand: Mode dient aktuell als Status-Symbol um nachzuweisen dass man sich mindestens in jedem Quartal ein neues Outfit leisten kann. Doch eigentlich muss unsere Kleidung etwas ganz anderes für uns werden, wenn sie mehr als nur ein Einkommens- und Narzissmusindikator sein soll. Uns ist allen bereits bei der einen oder anderen Retrochic-Welle aufgefallen, dass der Originalitätsgrad in der Modebranche vergleichsweise schwach ist. Aber wie können Mode und Nachhaltigkeit in Einklang gebracht werden?

Der neue Chic: je älter umso edler

Wie wäre es denn, wenn unsere Kleidungsstücke mit dem Alter an Wert gewinnen würden weil sie uns begleiten und ein Ausdruck unserer selbst werden, nicht nur ein austauschbares Accessoire? Viele von uns haben im Schrank so ein absolutes Lieblingsteil, von dem wir uns einfach nicht trennen können. Und wir müssen es doch auch gar nicht! Unsere Kleider dürfen Geschichte haben, sollen der Zeit so sehr trotzen wie wir es tun müssen.

Bedeutung geben

Was wäre wenn das Tragen alter Kleidung genau so honoriert würde wie neue Outfits heutzutage Anerkennung erzeugen können? Es wäre eine logische Konsequenz dessen, was wir heute über Nachhaltigkeit wissen. Das Ganze liesse sich kultivieren, etwa indem man den Konsum von Kleidung (inklusive Schmuck, Schuhe, Taschen etc.) ritualisiert. Man stelle sich vor, an jedem oder bestimmten Geburts- oder Feiertagen würde man ein Kleidungsstück des Outfits aussuchen, in dem man begraben/kremiert würde:

Kleidung für die Ewigkeit: die Rhythmik eines Rituals

Das Ritual muss einer Rhythmisk unterliegen, die zum Einen zweckmässig und zum Anderen biografisch sinnvoll ist. Zum Einen bietet die Mathematik viele schöne Rhythmen hervor, wie etwa Primzahlen oder durch die Kombination verschiedener besonderer Zahlenfolgen:

  • Superperfekte Zahlen: 2, 4, 16, 64, …
  • Erhabene Zahlen: 12, …
  • Vollkommene Zahlen: 6, 28, …
  • Pseudovollkommene Zahlen: 6, 42, …
  • Generatorzahlen für Phönixzahlen: 7, 17, 19, 23, 29, 47, 59, 61, 97, 109, 113, 131, …

So ein Ritual könnte auch eine Gelegenheit sein, um sehr persönliche Momente zu würdigen:

  • Der erste Zahn
  • Das Erlernen von Lesen und Schreiben
  • Für den Schulabschluss
  • Für das Wahl- und Stimmrecht
  • Für Erfolge (Beruf, Familie usw.)
  • Für die erste Falte
  • Für das erste graue Haar

Ein Schuss ins Blaue: Wearables, Implantate und 3-D Druck inklusive

Wie könnte eine solche Ritualisierung unserer Ausstattung aussehen? Lassen wir den Gedanken einmal sinnfreien Lauf:

  • Beim Bekommen des ersten Zahnes erhalten wir eine Halskette oder einen Schlüsselanhänger mit einem Medaillon (z.B. Stammzellen aus dem Milchzahn, mit integriertem digitalem Fotorahmen, mit Informationen zu Allergien, Blutgruppe, u.Ä.)
  • Zur Feier des Erlernens von Lesen und Schreiben suchen wir uns eine Brille aus (zur Nutzung von augmented Reality Angeboten, digital gestützter Korrektur, Lichtmodi o.Ä.) – oder: in noch fernerer Zukunft ein okulares Implantat mit solchen Funktionen.
  • Zum Schulabschluss erhalten wir möglicherweise eine Smartwatch mit Holographie- und Projektionsfunktionen – oder: in (vielleicht doch nicht?) so fernerer Zukunft subdermale Implantate mit Spezialfunktionen.
  • Mit 16 Jahren feiern wir das Erlangen des Stimm- und Wahlrechts (Abweichungen von der Realität sind gewollt) etwa mit einem Ring, der vom Staat herausgegeben würde, welcher für die eindeutige Identifizierung für Wahlen und Abstimmungen genutzt.
  • Mit 20 bekommen wir einen Schal, den wir uns aussuchen.
  • Mit 25 eine Tasche, die zu unseren Bedürfnissen passt.
  • Mit 30 einen Hut, den wir kreiieren.
  • Mit 35 ein Paar Handschuhe, die wir uns wünschen.
  • usw.

Weil durch den 3D-Druck in meiner Utopie alle Haushalte ihre Kleider selber nach Belieben – oder mit Hilfe (illegal?) heruntergeladener Dateien – daheim produzieren*, werden wir in der Lage sein, absolut indivualisierte Kleidung zu schaffen. Künftig sagt man einander nicht mehr „Die Jacke solltest du mal wieder waschen“ sondern „Diese Jacke solltest du mal wieder drucken“: immer wieder aufs neue verwendbare Materialien, welche regelmässig durch den Druck aktiviert bleiben müssen um nicht zu Biomüll zu zerfallen, wären beispielsweise das Rohmaterial.

*Die Modeindustrie dürfte ob dieser erahnbaren Veränderung „ihres“ Marktes wahrscheinlich genau so überrascht tun wie die Musiklabels bei der Erfindung der MP3-Kompression von Musik..

Hoffentlich wird der Begriff „Mode“ in ferner Zukunft aus der Mode gekommen sein: zu Gunsten unserer Individualität

Wie viel leichter können sich Gespräche entwickeln wenn unsere Biografie und unser eigener Geschmack für Ästhetik durch unsere Kleidung und Ausstattung abgebildet würde? Sicherlich wäre es falsch, wenn wir alle jeden Tag nur noch das gleiche Outfitt tagen (müssten), doch es wäre schön wenn wir eine Kultur der Anerkennung für das Konstante statt dem Unsteten entwickeln könnten.

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