Die sinnfreie Antwort zum Thema „Wie wir nie werden dürfen“

Ich habe mir die Freiheit genommen, wieder einmal sinnfrei aktiv zu sein und habe daher einen Artikel verfasst, der die im Zündstoff-Magazin (www.zuendstoff.ch)gestellte Frage „Wie wir nie werden dürfen“ beantwortet.
Ihr findet den Zuendstoff-Artikel „Wie wir nie werden dürfen“ auf http://www.zuendstoff-magazin.ch/index.php?option=com_content&task=view&id=355&Itemid=104.
Es folgt nun mein Beitrag, welcher in der nächsten Zündstoff-Ausgabe gedruckt wird.
Mehr Soma fürs Volk

Das Vorwort in der letzten Zündstoff-Ausgabe hat mich dazu motiviert, mich mit dem „Phänomen“ unserer „unglücklichen Gesellschaft“ auseinanderzusetzen.

Aus meiner Sicht ist es so, dass unsere sogenannte „Spassgesellschaft“ in Wirklichkeit gar nicht so „spassig“ drauf ist, sondern dass lediglich die Medien (TV, Radio, Zeitschriften, insbesondere jede Form von Boulevard) gute Mine zum bösen Spiel machen. Man wählt Superstars per SMS, erfährt unwichtige Details aus dem Leben Prominenter (welche grundsätzlich betrachtet einfach bloss wildfremde Menschen sind, deren Leben uns nicht zu interessieren hat!), weiss aber nicht mal, welche Lieblingsfarbe die Eltern haben oder verdrängt es, dass der Mitarbeiter im Büro ein depressives Wrack ist. Unsere Gesellschaft zerbricht an der Kluft zwischen der medialen Scheinwelt und dem realen Alltag, der zu allem Überdruss immer härter und gefühlskälter wird.

Wir werden auch immer unzufriedener, da uns über die Medien immer neue Werte (Schönheitsideale, Kleider-Mode, Benimm-Trends [hauptsache „cool“], Statussymbole) und (somit) Bedürfnisse (Werbung, Werbung, Werbung) aufgezwungen werden. Wir stürmen mit Köpfen, die vollbeladen sind mit künstlichen Bedürfnissen („Ich brauche das neue Samsung Handy!“, „Ich will den neuen Philips Haarepillierer!“ etc.) in die Einkaufsmärkte.

Das Geld, das wir für diese Güter ausgeben, ist in der Regel hart verdient in Jobs, die wir uns nicht ausgesucht haben (ich spreche da gerne von „mentaler Prostitution“). Die meisten Jobs sind scheisse und besonders Jugendliche und Alte (entweder zu Beginn oder gegen Ende der „Karriere“) können sie sich kaum aussuchen, sondern müssen – von der Angst vor der Arbeitslosigkeit oder davor, ein Sozialfall zu werden getrieben – sich fügen. D. h. gute neun Stunden pro Tag sind für viele Menschen schon mal „für’n Arsch“.

Wenn wir von den 24 Stunden, die jedem von uns pro Tag zur Verfügung stehen, die regulären 7 Stunden Schlaf (denn die meisten von uns schlafen keine 8 Stunden – warum auch? Wenn die Arbeit schon scheisse ist, dann will man wenigstens was von der Freizeit haben. Dafür wird öfter mal die Schlafenszeit gekürzt.), ca. 9.5 Stunden (ich rechne „nur“ 1 Stunde Arbeitsweg pro Tag, das ist enorm wenig, da gemäss RAV sogar ein Arbeitsweg von 3 Stunden pro Tag absolut „akzeptabel“ ist. ) abgezogen werden, dann bleiben da noch im Idealfall 7.5 Stunden. Aber diese 7.5 Stunden sind eine „Mogelpackung“: wir müssen mit unseren Autos in die Garage, wir müssen einkaufen gehen, wir müssen Wäsche waschen, wir müssen Wohnungen sauber halten, wir müssen Bettbezüge wechseln, wir müssen zum Zahnarzt, zum Frauenarzt, wir müssen essen, duschen, Kleider aussuchen, wir sollten Sport treiben, wir sollten uns weiterbilden….

All diese Zeit, die wir zusätzlich hergeben müssen, um der gesellschaftlichen Norm weiter zu entsprechen, lässt sich schwer schätzen, aber ich rate mal wild drauflos: 1.5 Stunden täglich (ich denke das ist ziemlich tief geschätzt, aber wir sollten ja nicht immer alles so schwarzsehen).

Kurz: Wer mit den verbleibenden 6 Stunden nicht gewissenhaft wirtschaftet, vertut sich seine einzige Chance, seine persönliche Entwicklung und die Gestaltung seiner ohnehin schwindenden Lebenszeit auszukosten.

Ich möchte damit nur Folgendes aufzeigen: Dass die Leute immer genervter, gestresster und somit auch unglücklicher werden, ist eine Folge vieler Einflüsse, deren Urheber in allen Punkten stets der Mensch oder ein Produkt seines Handelns ist.

In unserer Gesellschaft ist Angst einer der treibendsten Faktoren. Wir haben Angst davor, dass man uns nicht mag, wir haben Angst davor, dass wir gekündigt werden, wir haben Angst davor, dass wir nicht gut genug aussehen, wir haben Angst davor, dass wir unsere wahre Liebe nicht finden (oder wie erklärt ihr euch die unendlich vielen Singlebörsen, diese Fleischmärkte?!) Wir sollten uns öfter eine Auszeit gönnen von all diesen Gedanken und zu uns selber sagen: Scheiss drauf!

Für mich ist der Fernseher so etwas wie das Symbol für eine Fernbedienung zu unseren Köpfen geworden. Nicht wir schalten den TV ein, sondern die Macher des TV-Programms klinken sich in unsere Köpfe ein, jonglieren mit unseren Träumen und versuchen Geld daraus zu schlagen, aus unseren Wunschvorstellungen und innersten Wünschen Werbefilme und Sendungen zu gestalten um in uns Bedürfnisse zu wecken, die wir nicht haben.

Ich finde es wichtig, dass man auf dauernde Werte setzt und nicht auf kurzatmige Mode-Erscheinungen und trendy In-and-Out Listen. Wieso soll man sich diesen Pauschal-Stress antun?

Höflichkeit wird einem auch nicht in den Medien beigebracht; weder von den Paparazzi und Journalisten, die sich beruflich dazu verpflichten, sich in das Privatleben anderer Menschen einzumischen noch von den Prominenten, die sich aufgrund ihres unverschämten und absolut ungerechtfertigten Lohnes alles und jeden erkaufen können. Dabei ist Höflichkeit wichtiger denn je, da immer mehr Menschen auf gleichem Raum miteinander leben müssen. Ich denke, dass es unser aller Leben verbessern würde. Es bringt nichts, der UNICEF sein halbes Gehalt zu überweisen, wenn man nicht im Stande dazu ist, seine Nachbarn freundlich zu grüssen.

Ich glaube der Schlüssel zu mehr Freude am Leben liegt auch darin, dass man der Kassiererin in der Migros einen schönen Feierabend wünscht, dass man – selbst wenn man einen verschissenen Tag hatte – ein Lächeln aufsetzt, denn nur weil man selbst einen verschissenen Tag hatte heisst das nicht, dass auch die Person die im Tram gegenüber sitzt, einen verschissenen Tag haben muss. Es macht auch keinen Sinn, ständig auf Unterschiede aufmerksam zu machen oder sich negativ zu äussern. Es macht hingegen Sinn, sich auf das Gemeinsame zu konzentrieren und sich an diesem Strick hochzuarbeiten. Und wer denkt, dass sei Heuchelei und das würde doch gar nichts bringen, der vergisst, dass auch er sich die Leute merkt, die ihn morgens zur Arbeit grüssen. Nur weil man einen schlechten Tag hatte, sollte man sich nicht die Chance auf eine gute Bekanntschaft verderben. Der Verlierer ist man letzten Endes immer selber.

Ich denke dass es besonders wichtig ist, heutzutage zu den Dingen die richtige Distanz zu wahren. Wir sind versucht, im Jetzt gefangen zu sein (Gestern ist alt und Morgen ungewiss)und aus allem ein Drama zu machen. Dabei sollte man nie vergessen: irgendwann hört’s auch mal wieder auf zu regnen. Und das könnte eigentlich stets ein Grund für Vorfreude sein.

Glücklichsein ist ein Zustand von seelischer Ausgeglichenheit. Ich denke die wenigsten von uns können von sich behaupten, ausgeglichen zu sein. Aber ich glaube, man sollte auch mal anfangen, daran zu arbeiten und aufhören in der Utopie zu leben, dass man irgendwann „von alleine“ ausgeglichen ist. Glücklichsein ist keine Frage von Einflüssen, Status oder Arbeit, sondern eine Frage der Perspektive. Hin und wieder ist ein Platzwechsel oder das Ändern einer Gewohnheit der Schlüssel dazu, sein Leben mit anderen Augen zu sehen.

Ich für meinen Teil mache mir keine Gedanken darüber, wie ich nicht werden will. Ich mache mir Gedanken darüber, wie ich werden will.

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