(projekt)sinnfrei plädiert für eine Öffentliche Krankenkasse:
Die Obligatorische Krankenversicherung ist – spätestens seit Einführung der Fallpauschalen – ein Einheitsprodukt, dass in Form einer Prämie interkantonal verhandelt und ausgeglichen wird um die anfallenden Gesundheitskosten der Schweizer Bürger zu decken. Dies macht uns im Übrigen genau zu dem Einheitspatienten, vor dem uns die Krankenkassenaktionäre Angst machen wollen. Alle sind verpflichtet, sich krankenversichern zu lassen, es gibt also einen Kaufzwang. Keine Krankenkasse in der Schweiz darf einen Schweizer Bürger für die Obligatorische Grundversicherung ablehnen und es ist gesetzlich festgelegt, welche Leistungen diese Versicherungen deckt. Unter diesen Bedingungen bleiben den Krankenkassen zwei Möglichkeiten, um im Wettbewerb zu bestehen: Sie verkaufen Zusatzversicherungen an Kunden, die mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht auf diese Versicherung angewiesen sind und sie drängen durch administrative Verschleppung, späte Rückzahlungen und Leistungsverweigerung – inklusive Anrufung des teuren, öffentlichen Justizapparates – unerwünschte Grundversicherte aus ihrer Krankenkasse. Irritierenderweise sind die Prämien, die von den Krankenkassen für die Obligatorische Grundversicherung angeboten wurden, stärker gestiegen als die Gesundheitskosten…
Die Krankenkassen haben kein Interesse an der Heilung ihrer Kunden, sondern lediglich an ihrer Rentabilität für die Kasse. Während Krankenkassenaktionäre (darunter, in virulentem Mass Parlamentarier!) gute Gewinne einfahren, mangelt es ihnen gleichzeitig in erstaunlichem Mass an Perspektiven zur Lösung der demografischen Herausforderungen: wo bleiben die Zusatzversicherungen für die Alterspflege? Diese mangelnde Innovationskraft der Krankenkassen dient nun als Hauptargument gegen die Einführung einer Öffentlichen Krankenkasse, die in Kürze dem Schweizer Volk zur Annahme angeboten wird.
Würde man die Geschäfte der obligatorische Krankenversicherung (gleich wie die Obligatorische Unfallversicherung SUVA – anbei erwähnt) also nicht von zahlreichen unterschiedlichen Krankenkaseen abwickeln lassen, bestünde ein eminentes Interesse daran durch präventive und nachhaltige Therapien die Gesundheit der Versicherten zu erhalten. Die Gefahr für Doppelspurigkeiten und uneinheitliche Abwicklungsprozeduren entfallen. Durch die Zentralisierung kommt es zu einer Anhäufung von Wissen, die bisher aus Wettbewerbsgründen nicht möglich war.
Nicht zuletzt wird es nur auf diese Weise möglich sein, Phänomene im Gesundheitssystem aufzuspüren, die heute von den einzelnen Krankenkassen nicht realisiert werden können und statistisch schwer abzubilden sind: So häufen sich die Meldungen darüber, dass das Kodierungssystem, welches zur Fallpauschalberechnung eingeführt wurde um die Gesundheitskosten zu senken, nun von den Medizinalanbietern aus Angst vor Defiziten, also sozusagen präventiv dazu verwendet wird um ihre Leistungen zu hoch zu verrechnen, was die Gesundheitskosten markant ansteigen lässt. So ist es letzten Endes auch eine Öffentliche Krankenkasse, die wirklich Interesse daran haben kann, unser Gesundheitssystem sicher und erschwinglich zu halten: das derzeitige Modell sorgt mit den interkantonalen Ausgleichszahlungen dafür, dass die Krankenkassen daran wenig Interesse haben.
Doch: wo zentralisiert und optimiert, wo verschlankt und verienheitlicht wird, dort fallen Arbeitsplätze. Jeder der schon mal einen Unternehmensberater in seiner Bude hatte, sollte mit dem Phänomen vertraut sein. Die Krankenkassen würden nur noch ihre Zusatzversicherungen betreuen, was ihren Umsatz einbrechen und den Personalbedarf schrumpfen lässt. Allerdings hätten viele Krankenkassenangestellten die Gelegenheit, sich in Folge dessen zum Bundespersonal zählen zu dürfen (aber freut euch nicht zu früh: die eigentlich so eminent wichtige und darum längst für obligatorisch zu erklärende Krankentaggeldversicherung wird auch dort nicht vom Arbeitgeber übernommen).
Auch Frühpensionierungen, Zusammenschlüsse und Sozialpläne können auf die Krankenkassen zukommen, sollten sie es nicht schaffen Arbeitsplätze zu schaffen indem sie neue, innovative Versicherungsprodukte entwerfen um damit zu expandieren. So fehlt es an Versicherungslösungen für Menschen, die an Geburtsgebrechen leiden, die nicht von der IV anerkannt sind, aber im Einzelfall versichert sein müssten. Kommt natürlich das Feld der Alterspflege, das gleichsam mit dem Anstieg der Lebenserwartung grösser wird: Warum nicht bereits Eltern dazu animieren für ihr Kind eine Pflegeheimversicherung abzuschliessen?
Dass das Gesundheitssystem mit einer Öffentlichen Krankenkasse erschwinglicher, fairer und effizienter wird, steht ausser Frage. Ob der Personalübertritt einwandfrei verlaufen kann, steht in den Sternen. Es kann Unmut geben – sowohl auf Seite der Belegschaft als auch derjenigen der Kundschaft. Der Versicherungsombudsmann wird in den Einführungsjahren also eine Schlüsselrolle spielen. Aber ob es viele Arbeitslose geben wird, hängt im Grunde genommen von der vielbesungenen Innovationskraft des Wettbewerbs ab, auf den sich die “Krankenzusatz”-Kassen vielleicht einfach langsam vorbereiten sollten.