Alle Jahre wieder: Grosses Geheul im Wallis

Und das alljährliche Trauerspiel beginnt von neuem: Alle Sommer wieder (2010/2011/2012/…) sorgt der Wolf im Wallis für heisse Köpfe. Zur Zeit zentriert sich die Debatte auf Wolf M35 im Goms. Selbstverständlich wird in den Walliser Medien sehr kleinlaut zugegeben, dass der Schäfer seine Arbeit auch nicht einwandfrei gemacht hatte. Diese Schafe wurden nicht nur vom Wolf sondern auch von den Walliser Medien ausgeschlachtet. Kurz darauf wurde ein Herdenschutzhund angeschafft, der für Frieden und Ordnung sorgen sollte, und zwar pronto! Dennoch gelang es dem Wolf, weitere Schafe zu ergattern und die Provinzpolitiker nutzen die Wolfsdebatte fleissig um sich zu profilieren. Die Walliser geniessen es sichtlich sich in ihren Ängsten gegenseitig zu bestätigen. Mehr ist von dieser mehr als einseitig geführten Debatte auch nicht zu erwarten, denn wer will sich schon dem Zorn einer derart aufgehetzten Meute aussetzen?

„Er wird einen Menschen anfallen“
In der festen Überzeugung, dass schon bald der erste Wolf einen Menschen anfällt, wird seit über zehn Jahren fleissig gegen das Tier gewettert. Wie gefährlich ist ein Wolf, der wie im Fall von Gondo zu Jahresbeginn, mehr oder weniger seelenruhig durchs Dorf spaziert? Die Erfahrungen in Frankreich und Italien belegen, dass es absolut ungefährlich ist. Der Wolf folgt der Nahrung. Die Schafe sind im Stall, das Rotwild zieht talwärts. Da bleibt das Reh als Beute und das hält sich im Winter in Dorfnähe auf.

 

„Er verunmöglicht die Schafhaltung“
Der grösste Widerstand gegen die Rückkehr der Grossraubtiere kommt von Hobbyzüchtern, deren Freizeitbeschäftigung die Öffentlichkeit teuer zu stehen kommt: Pro Tier erhalten beitragsberechtigte Züchter jährlich 400 bis 1000 Franken vom Bund. Das Bafu unterstützt den Kauf eines Schutzhundes mit 500 Franken, für den Unterhalt des Tieres gibt es jährlich 1000 Franken. Hundehalter, welche sich in der Personenrettung engagieren (Lawinenhunde, Flächensuchhunde, Mantrailing-Hunde, Katastrophenhunde) können von solchen Subventionen nur träumen.

Jährlich töten Wölfe in der Schweiz ungefähr 200 Schafe: Die Zahl variiert seit 1999 zwischen weniger als 20 und bis zu 400. Deutlich mehr der insgesamt 250’000 Schafe auf Schweizer Alpen sterben an Krankheiten, Unfällen oder Abstürzen: Es dürften 50 Mal mehr sein, nämlich rund 10’000.

„Er zerstört die Tradition der Schafzucht“
Grund für den Zunftniedergang ist nicht der Wolf, sondern die tiefe Nachfrage. Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Zahl der Schafe in den Alpen zunehmen wird. Im globalisierten Markt haben Länder wie Australien und Neuseeland die besseren Chancen, ihre Schafprodukte zu verkaufen. Daher ist es umso wichtiger, dass unsere Schafprodukte ökologisch besser sind, wenn sie schon nicht ökonomisch mithalten können.

Die letzten Wölfe verschwanden aus den Alpen Ende des 19. Jahrhunderts. Mit seinem Verschwinden wurde auch der Schutz der Schaf- und Ziegenherden, welche vom Wolf am meisten gefährdet waren, überflüssig. Man brauchte die Tiere nicht mehr jede Nacht in eine sichere Koppel zu treiben. Dennoch blieb es vorerst üblich, dass ein Hirt bei den Herden blieb. Nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich dies jedoch besonders in der Schweiz und Österreich. Die Schafe wurden fortan im Sommer für drei bis vier Monate ohne Hirt in die Hochlagen der Alpen getrieben, wo sie auf sich alleine gestellt waren. Man nennt dies den freien Weidegang. In Italien und Frankreich hingegen blieb die Tradition, mit den Schafen einen Hirt in die Alpen zu schicken, mehrheitlich bestehen. So werden etwa in Frankreich noch heute 74% der Schafherden behirtet. Dies hängt damit zusammen, dass dort mehr Milchschafe gehalten werden, welche gemolken werden müssen, während sonst v.a. Fleischschafe gehalten werden.

Es kann also festgehalten werden, dass der freie Weidegang eine neue Erscheinung ist, während die Behirtung eine jahrtausende alte Tradition hat. Dies steht im Gegensatz zu dem, was vielfach von Tierhaltern behauptet wird. Sie beziehen sich bei ihrer Ablehnung gegenüber dem Wolf häufig auf die angebliche Tradition des freien Weidegangs.

„Die Schafe sterben grausam“
Man wünscht sich, so Rohmeder vom Verein zur Verteidung gegen
Grossraubtiere VVG, einen Bundesrat der den qualvollen Tod von Vieh nicht als natürliche Tatsache hinnimmt. Alleine diese Aussage zeugt von der Abkehr von der Realität die in diesen Reihen herrscht: Wir als Menschen können uns die moralische Pflicht aufbürden, den Tod weniger qualvoll zu machen, aber so etwas von einem Tier, welches nur mit Hilfe  von Reisszähnen überleben kann, zu verlangen ist … fragwürdig.

„Er bringt uns die Pest“
Es war aber ein Tierarzt, der vor einer Tollwut-Gefahr durch den Wolf warnte: Man könnte mit dem Tollwut-Argument genau so gut die Ausrottung des Fuchses oder der Eichhörnchen verlangen.

„Er rottet in seiner Gier die Tiere aus“
Ziel ist es natürlich, dass sich der Wolf von den natürlichen Ressourcen, also den Wildtieren, bedient. Allerdings: Wenn ein Wolf so etwas im Wallis macht, nennt man das dann „Wildern„. Damit macht der Wolf den Walliser Jägern übrigens mächtig „Konkurrenz“. Während der Wolf darauf bedacht ist, das Erbgut seiner Beutetiere zu hegen indem er hauptsächlich genetisch minderwertige, kranke oder schwache Tiere frisst, sind die meisten Jäger schon etwas weniger zimperlich in der Auswahl: wenn es darum geht eine neue Trophäe für die Wohnzimmerwand zu bekommen wird Innendekoration auf Kosten biologischer Nachhaltigkeit und Diversität betrieben, und das mit Tradition: Krisen in Europa führten zu Übernutzung der Landschaft, zu ganzjähriger Jagd auf alle Wildtiere, was zum Aussterben vieler Tiere führte. Erst die Gesetze um 1876 mit beschränkter Jagd usw. führten zum Erstarken der Wildbestände und des Waldes. Wenn die Jäger bereit sind, sich den Gegebenheiten anzupassen, besteht eher keine Gefahr einer Ausrottung. Eine Studie in Deutschland zeigt zudem, dass ein dreijähriger Wolf pro Jahr 1500 Kilometer läuft, man kann also davon ausgehen dass sie sich verpissen bevor sie verhungern.

Es ist damit zur rechnen, dass die Insubordination der Walliser soweit reichen wird, dass der Gommer Wolf ohne Bewilligung getötet wird (etwa durch „Überfahren„) – was auch nicht das erste Mal wäre.

 

0 Gedanken zu “Alle Jahre wieder: Grosses Geheul im Wallis

  1. Lieber ein toter Wolf (der ohne Qualen stirbt) anstatt 100 Schafe die voller Qualen auf den Weiden verenden.

    Aber an Tatsachen seid ihr Linken ja sowieso nicht interessiert.

  2. Im Moment heisst es „Lieber 100 Schafe die voller Qualen auf den Weiden verenden anstatt sie zu behirten“

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