Gestern besuchte ich mit meinen Eltern die Megashow zu „The Wall“ mit Roger Waters, dem letzten Gründungsmitglied von Pink Floyd, welches noch aktiv die Botschaft des berüchtigten Konzeptalbums vermittelt.
Ganze zwei Busse waren alleine mit OberwalliserInnen gefüllt, die alle nach Zürich fuhren um dieses Highlight mitzuerleben. Darunter gab es natürlich auch zahlreiche „eingefleischte Fans“, welche The Wall am gestrigen Abend zum Dritten Mal und mehr besuchten.
Um 20 Uhr begann das Spektakel: Roger Waters betrat die Bühne – umgeben von einem perfekt koordinierten Feuerwerk und tosendem Applaus. Schon in den ersten Minuten war das Publikum von den zahlreichen Effekten, der Abstimmung der einzelnen Showkomponenten und der authentischen Stimme von Waters vollkommen eingenommen.
Es folgte eine sehr ernste Episode, in welcher die Bilder von Personen, die in Kriegen gestorben sind (von Zivilisten, Kindern, Soldaten und Aktivisten) projeziert wurden. Es war ein sehr drastisches Stilmittel, um die Folgen von Hass und Gewalt aufzuzeigen, aber es hat gesessen.
Bei „Another Brick in the Wall“ tauchte eine überdimensional grosse Figur beinahe aus dem Nichts auf; der Horrorstereotyp des Lehrers. Ein Kinderchor war ebenfalls mit dabei um dem Lehrer die Hölle heiss zu machen.
Weitere Impressionen:
Im ersten Teils der Show wurde die Mauer komplett aufgebaut; bis Roger Waters und seine Band dahinter verschwanden.
Der zweite Teil begann in der Isolation hinter der Mauer, begleitet von meinem absoluten lieblingsstück „Is there anybody out there“. Danach begann der Kampf um die Freiheit: vorangetrieben von extraordinären Zeichentricksequenzen, eindrücklichen Animationen und unglaublich akkuraten Soli. Die gewaltige Bildsprache und die intensive Symbolik der Bilder ermöglichte es auch Nicht-Englischsprechenden, die Aussage und Botschaft von The Wall voll und ganz zu erfassen.
Mir lief es persönlich eiskalt den Rücken herunter als in Gedenken an Saeed Chmagh und Namir Noor-Eldeen Sequenzen aus dem wikigeleakten Video „Collateral Murder“ projeziert wurden in dem zu sehen war, wie die Reporter und weitere 10 Zivilisten getötet werden. Es war ein gewaltiger Moment, in dem dann schliesslich die Mauer von hinten begann zu bröckeln. Als sie schliesslich zerfallen war, wäre ich beinahe losgerannt um mir ein Stück von den Pseudomauersteinen zu holen, konnte aber meine sentimentale Seite doch wieder unter Kontrolle bringen.
Die ganze Halle schien vor Erleichterung aufzuatmen: Roger Waters hatte es wieder einmal geschafft und gegen das Dunkel gesiegt! Um 23 Uhr ging der Zauber zu Ende.
Die Meinungen zur Show gingen weit ausseinander: die einen beschworen die „guten Alten Zeiten“ herauf, in denen noch die „alte“ LP-Reihenfolge eingehalten wurde und noch ein Orchester live spielte (und natürlich die Band noch in einem Stück war). Wieder andere fanden, es sei die beste Show gewesen, die sie bisher gesehen hätten. Ich selber kann es mangels Erfahrung nicht beurteilen.
Mir bleibt nur übrig, Roger Waters und allen Mitbeteiligten für diese grossartige Inszenierung Respekt zu zollen. Technisch, musikalisch und organisatorisch ist es ein Event der Superlative. Die Show ging unter die Haut. Sehr gut gefallen hat mir auch dass viele frische Elemente aus dem aktuellen Weltgeschehen beigemischt wurden um die Botschaft auch in die aktuelle Zeit zu transferieren: denn nicht nur die Botschaft, sondern auch die thematisierten Probleme sind nach wie vor präsent. Ich hoffe dass The Wall noch viele Generationen prägen wird.
Um 3.30 Uhr fiel ich erschöpft vom Nichtschlafenkönnen-im-Bus in mein Bett. Als ich meine Augen heute nach einer reichlich kurzen Nacht geöffnet habe, war das erste was mir durch den Kopf ging ein durchdringendes „Is there anybody out there?“.