Einen Monat vor dem Unfall des Glacier-Express-Zuges im Wallis haben die Lokführer der Matterhorn Gotthard Bahn die Weisung erhalten, bei Gleisverformungen nicht langsamer zu fahren. Damit sollte der Fahrplan eingehalten werden.
«Grundsätzlich nicht langsamer fahren infolge Fahrplanstabilität», heisst es im Papier unter «Gleisverwerfungen, wie fahren bei Glacier-Zügen». Die «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens hat das entsprechende Dokument öffentlich gemacht. Dies stützt die These anonymer Quellen, die gegenüber der Zeitung «Walliser Bote» von enormen Zeitdruck der Lokführer berichtet hatten.
Hans-Rudolf Mooser, Direktor der Matterhorn Gotthard Bahn, hatte dies bisher kategorisch dementiert. Sicherheit stehe an erster Stelle, die Lokführer hätten das gewusst. Die Bahn hält an dieser Position fest.
Helmut Biner, Sprecher der Matterhorn-Gotthard-Bahn sagt, dass sich die interne Weisung, grundsätzlich nicht langsamer zu fahren, auf eine Frage der Lokführer bezüglich der Speisewagen beziehe.
Die Lokführer haben laut «Tagesschau» wissen wollen, ob Züge mit Speisewagen an Stellen mit Gleisverwerfungen noch langsamer als bereits angeordnet fahren müssten.
Gemäss Recherchen der «Tagesschau» gibt es aber alleine im Goms zehn Stellen mit Gleisverwerfungen, an welchen die Lokführer aus Angst vor Schlägen bremsten und unter der zulässigen Geschwindigkeit fuhren – bis sie von den Teamleitern die besagte Weisung erhielten.
Sicherheitsprobleme schienen den Bahnverantwortlichen bekannt gewesen zu sein. Ein weiterer Punkt in der internen Weisung besagt nämlich, dass schlechte Schienenzustände vermehrt gemeldet werden sollten. Zudem seien prekäre Stellen schneller zu reparieren.
Nichts von prekären Stellen und von Verwerfungen gewusst hat das Bundesamt für Verkehr (BAV). Das Amt hätte keine Anhaltspunkte, dass das Risiko auf der betroffenen Strecke grösser sei als auf anderen Strecken, sagt Gregor Saladin vom BAV gegenüber der «Tagesschau». Ebenfalls seien keine Kenntnisse über Gleisverwerfungen vorgelegen. Jegliche Verwerfungen müssten dem Bundesamt für Verkehr gemeldet werden, so Saladin. Das BAV will das interne Papier der Matterhorn Gotthard Bahn nun aber analysieren. (rsn)
Ich hatte mich schon gewundert, wie die Matterhorn-Gotthard-Bahn so schnell zum Schluss kam, dass der Lokführer – alleine – Schuld an der Tragödie sei. Es ist für eine Firma natürlich viel leichter die Schuld auf eine einzelne Person zu schieben statt ein substantielles Sicherheitsproblem und den fahrlässigen Umgang damit offen zu legen… Ich denke dass das letzte Wort somit wohl doch noch nicht gesprochen ist in diesem Fall.
Hiermit möchte ich sowohl den Angehörigen der getöteten Rentnerin aus Japan als auch dem Lokführer mein Beileid aussprechen.