Wie die Privatwirtschafter den Regierungen auf der Nase herumtanzen ist doch allmählich ein wahrlich unterhaltsames Schauspiel! Und ich bin so frei und bezeichne Vasellas Drohung, den Sitz von Novartis aus der Schweiz zu verlegen falls seinem horrenden Lohn seitens Regierung ein Riegel vorgeschoben würde – um es mit den Worten einiger Schweizer Mitblogger auszudrücken – geradezu als sauglatt!
Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Verlegung sind kaum auszudenken und die Däumchendreher in Bern erschauern förmlich vor Ehrfurcht vor soviel Gewitztheit; als wäre das einem Lackaffen wie Vasella gar nicht zuzutrauen gewesen. Zu Salzsäulen erstarren sie und blicken sprichwörtlich nach links und rechts.
Dies ist nicht das einzige Beispiel, an welchem zu erkennen ist, wie es um die momentanen Machtverhältnisse steht. Der Handyhersteller Nokia beispielsweise droht mit dem Abzug aus dem Heimatland, wenn das „Recht auf Überwachung der MitarbeiterInnen“ nicht zugesprochen würde seitens der Regierung.
Dass die Führungsspitzen der Unternehmen die Regierungen aller Länder der Welt ununterbrochen zu ihrem eigenen Vorteil gegeneinander ausspielen ist ja im Grunde genommen schon lange kein Geheimnis mehr; man denke nur daran woher der Kaffee kommt. Dass die sogenannten CEOs jetzt aber schon die Dreistheit besitzen, die Regierungen öffentlich unter Druck zu setzen und unverhohlen ihre menschenfeindlichen, einzig der persönlichen Bereicherung dienenden Methoden auf den Tisch zu legen wie ein Full House ist schon sehr makaber.
Kein Wunder dass plötzlich so klare Worte gesprochen werden: die Führungsspitzen von so gut wie allen Unternehmen stehen seit der Finanzkrise unter Druck. Und das nicht ohne Grund. Im Grunde genommen ist es doch kurios, dass auf der Welt immer noch gleich viele Geldscheine existent sind wie vor der Finanzkrise; dennoch müssen gerade jene Abstriche machen, welche ohnehin schon zu kämpfen haben.
Die Bosse lachen sich ins Fäustchen, verdienen ihre ungerechtfertigten Boni und lassen die Bürger ausbluten, ohne auch nur im Geringsten einen Funken Mitleid zu empfinden. Eher noch fürchten Sie um ihr ohnehin horrendes Vermögen und verscharren es in Gesetzeslücken wo es hoffentlich für die Steuereintreiber unentdeckt bleibt; als Firmenkapital, als Immobilie, als Schenkung an die Kinder – wie auch immer, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Hat das System versagt? Gute Frage. Ich denke das System an sich mag vielleicht ganz ok sein, aber die Parameter ermöglichen zuviel Spielraum für menschlichen Egoismus. Mir persönlich drängt sich immer öfter der Gedanke auf, wieder in einer Form des Neo-Feudalismus gefangen zu sein, in welchem die Oberste Kaste aus einer handerlesenen Menge Menschen welche aufgrund fragwürdiger Leistungen über geradezu unmenschlich viel Macht (also im Grunde genommen Geld) verfügen. Die Bauern mieten ihre Daseinsberechtigung mit Steuern welche rechnerisch wieder als „den Zehnten“ zu bezeichnen sind. Natürlich gibt es noch die Kaste der Aussetzigen, Armen und Bettler – die dritte Welt. Und was wäre ein NeoFeudalismus ohne eine geradezu allmächtige und doch im Grunde genommen nur schemenhafte Instanz, welche zwar der Wahrheit verpflichtet, dennoch aber vor weltlichen Gelüsten nicht gefeit ist, da auch sie nur aus Menschen besteht: was damals der Klerus war, ist heute die Regierung. Nebst dem Rittertum, eine der Gerechtigkeit verpflichtete Kaste – heute am ehesten mit dem Justizvollzug und der Armee gleich zu setzen – bestehen dann noch die Handels- und Kaufleute, Menschen die wie Aasfresser das Geld vom Boden aufheben, welches im Geldgefüge zwischen Arm und Reich untergeht: heutzutage sind das Marketingspezialisten, Unternehmensberater und Aktionäre. Eine Gruppe konnte sich stabil halten und hat ihren Namen bis in die Neuzeit ohne jede Scham beibehalten; all jene welche sich an den Schulden anderer Menschen bereichern: die Banken.
Ist das Fortschritt? Ich bin geneigt zu behaupten, dass der Mensch aus seinen Fehlern nicht gelernt hat, sondern sie lediglich organisierter auf eine höhere technische Ebene transponiert hat um dem Dienstleistungssektor eine Daseinsberechtigung geben zu können. Selbst die AHV ist nichts weiter als ein System bei welchem es darum geht dass die Kinder für ihre Eltern sorgen müssen wenn diese nicht mehr arbeitstauglich sind.
Aber ist denn gar nichts besser geworden? Doch natürlich! Während man vor ein paar Jahren noch das Kind war, welches als einziges in seiner Strasse eine Nintendo Spielkonsole besass, ist man heute das einzige Kind in der Strasse, welches noch keine Wii besitzt.
Sicherlich, heutzutage können die Manager grosser Firmen sagen: „Du arbeitest ja freiwillig für mich, was beklagst du dich also?“ Natürlich arbeiten wir nicht immer ungerne, natürlich sind wir froh dafür überhaupt die Möglichkeit zu haben, Geld zu verdienen. Dennoch gleichen die einfachen Bürger, das Proletariat, einer Schar von Marionetten. Wir können „Freiheit“ schreien und unsere Fäden durchtrennen; aber was haben wir dann zu erwarten?
Dem einfachen Konsument, den Bauern auf dem Schachbrett, den Working poor wird es schier zur Last, all diese Ungerechtigkeit zu kennen und still zu akzeptieren. Die Frustrationstoleranz, ein betriebswirtschaftlicher Wert wie es für den Landvermesser die Masseinheit der Meter ist, scheint schier endlos zu sein.
Es gibt immer wieder Politiker (z.B. Sarkozy, Obama), welche versuchen, diesem System mit neuen Ideen die nötige Regulation zu verleihen. Doch die Bürokratie und die immense Macht der obersten Kaste (z.B. Vasella, Ospel) – von denen nicht wenige selbst teil der Regierung sind (z.B. Blocher) – machen es schier unmöglich, der Geldgier und der Missachtung sämtlicher humaner Werte einen Riegel vorzuschieben.
Manch einer wird sagen: Was regst du dich auf? Kapitalismus ist die Anwendung des Darwinschen Gesetzes auf den Menschen! Der Kleine wird vom Grossen gefressen, so ist das nun mal. Nur so kann Fortschritt bestehen! Ich gehe einher mit der Idee, das Kapitalismus aufgrund des Wettbewerbs einen positiven Effekt haben kann.- dennoch ist gerade in der Urzeitlichen Entwicklung eines ganz deutlich: fast alle „herrschenden Rassen/Raubtiere“ welche jemals an der Spitze der Nahrungskette waren, begannen früher oder später damit, die Kinder der Artgenossen zu fressen – Kannibalismus. Sehr oft war dies der Beginn ihres Endes. Was für mich folgenden Schluss zulässt: Wettbewerb ja, aber nicht auf Kosten des Artenfortbestandes.
Die Welt schreit nach einem Robin Hood, der vermutlich nur in Geschichten und Mythen existiert hat. Oder ist gar eine Revolution nötig? Aber wer will den schon rebellieren? Wer will sich die Fäden abschneiden die ihn halten? Wer ist bereit, sich als Kind der Revolution eines Tages fressen zu lassen? Und mit diesen Fragen endet die Idee der Veränderung und wir alle bleiben starr wie ein Reh im Scheinwerferlicht und hoffen (vielleicht wäre hier sogar glauben angebracht) auf die schemenhafte Instanz welche wir bei jedem Gang an die Urne versuchen zu einer Gruppe von Menschen zu gestalten, welche den traurigen Fakt begreift, dass dieses System in eine evolutionäre Sackgasse führen wird bei welcher am Ende niemand Gewinner sein wird.
Was ich mit diesem Text eigentlich bezweckt habe? In erster Linie hatte ich nur das Bedürfnis, meinen Frust über die Verhältnisse auszukotzen. Die Sinnfreiheit – sozusagen meine oberste Direktive – verbietet es mir natürlich, diesen Text als eine Streitschrift oder ähnliches zu bezeichnen; ich denke ich habe es geschrieben damit es geschrieben ist. Voila