Auf die Gefahr hin als Grünfee abgekanzelt zu werden folgt nun mein Statement zum Thema Wolf im Wallis. Also allem voran: ich finds super dass es tatsächlich überhaupt noch möglich ist, dass Tiere die der Mensch vertrieben hat, wieder zurückkehren. Das zeigt doch irgendwo, dass der Mensch doch nicht alle Tiere in Lichtgeschwindigkeit ausrottet.
Aber die Münze hat auch eine Kehrseite: die Nutz- und Haustierhaltung wird erschwert. Allem voran die Schafhalter beklagen sich schwer über den Wolf und befürchten den Niedergang ihrer Zunft. Ich kann mir gut vorstellen dass es brutal anzusehen sein muss, wenn man Tiere für die man gesorgt hat, nach einer Nacht wie jeder anderen in Teilen verstreut auf der Wiese liegen sieht. Dass da keine echte Freude aufkommt beim Gedanken an Meister Isegrim, das ist da noch nachvollziehbar.
Ich möchte aber auch betonen, dass viele Schafhalter sich es ein wenig zu einfach machen. Miserable Einzäunungen, schlecht instruierte Hirten, ungenügende Überwachung und die fehlende Bereitschaft, sich mit neuen Methoden auseinander zu setzen tragen auch ihren Teil dazu bei, dass der Wolf sich für die Schafe interessiert.
Auch ist es mir wichtig dass man in Betracht zieht dass es vielleicht weit mehr Wölfe in den Wäldern herumstreifen als wir vermuten, zumal sie ja bekanntlich Rudeltiere sind. Eine naheliegende Theorie weshalb es immer wieder Wölfe gibt, die wahllos Schafe totbeissen ohne dann den Anstand zu haben alles brav aufzuessen ist meiner Ansicht nach aufgrund der vielen auf kleiner Fläche zusammengepfärchter Schafe, die alle „zum greifen nah“ sind, was dann automatisch zur Folge hat dass es etliche totgebissene Schafe gibt, zurückzuführen.
Möglicherweise kann ein einzelner Wolf somit erheblichen Schaden anrichten. Aber es gibt durchaus Massnahmen, die eine Schafherde effizient vor solchen Attacken schützen kann: Herdenschutzhunde. Herr Walter Hildbrand hat seit 1999 ein Herdenschutzzentrum zu diesem Zweck gegründet, um kurzfristig zusätzlichen Schutz für Hirten zu gewährleisten indem er die gefährdeten Gebiete mit seinen Herdenschutzhunden aufsucht und diese dann bei der Herde belässt (Mobiler Herdenschutz).
Die Tätigkeit des Herdenschutzzentrums in Kürze:
- 1. Zucht und Ausbildung von Herdenschutzhunden : Seit 2001 befanden sich auf Walter Hildbrands Hof 24 Schutzhunde. 2 vom KORA, 13 aus eigener Zucht, 4 zur Korrektur und 5 Hunde 2003 gekauft in den Abruzzen, um die Zuchtbasis zu erweitern. 19 davon sind erfolgreich im Einsatz in einer Schafherde.
- 2. Korrektur von Herdenschutzhunden: 6 Schutzhunde wurden zur Korrektur gegeben. Zwei untaugliche Hunde wurden an Familien abgegeben und leben auf einem Pferdegestüt. Die anderen vier konnten korrigiert werden und arbeiten jetzt problemlos.
- 3. Integration von Herdenschutzhunden in eine fremde Herde: Bei konsequenter Vorgehensweise braucht es dafür 4-6 Tage. Siehe Berichte Pontimia und Sommer 2003 Panix, Waltensburg und Brigels
- 4. Haltung während des Jahres – Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter: Sömmerungstipps
- 5. Hilfe bei Wolfsschäden während der Vegetationszeit, vor allem während der Alpung: Wenn Schäden auftreten ist die rasche Eingreiftruppe bereit, mit einem Schutzhunderudel innert zwei bis drei Tagen in dem Schadensgebiet die Herde zu schützen.
- 6. Betreuung der Schutzhundehalter bei Problemen: Im Jahr 2003 konnte für alle auftauchenden Probleme eine Lösung mit den betroffenen Tierhaltern gefunden werden.
- 7. Mithilfe bei der Hirtenausbildung: Die landwirtschaftliche Schule in Visp und der Plantahof in Graubünden beauftragten Herr Walter Hildbrand, bei der Hirtenausbildung das Modul Herdenschutz in Theorie und Praxis zu vermitteln.
- 8. Demonstrationen und Besichtigungen auf dem Betrieb: Je länger je mehr, melden sich Gruppen an, von Landwirtschaftlichen Beratern aus der ganzen Schweiz, betroffenen Schäfern, Biologen, Schulklassen, Touristengruppen, um sich im Betrieb über die Schutzmassnahmen und deren Wirksamkeit aus erster Hand zu informieren.
- 9. Transparente Information: Mit regelmässigen Jahres- und Presseberichten, Filmen und Mitarbeit in Arbeitsgruppen versucht man Erfahrung weiterzugeben.
- 10. Beratung der Schäfer über Herdenschutzmöglichkeiten: Im Rahmen des neuen Herdenschutzprojektes wurde Daniel Mettler als Schweizer Koordinator vom BUWAL gewählt (Tel. 021 619 44 56). Er arbeitet in der Landwirtschaftlichen Beratungsstelle in Lausanne und ist die Schnittstelle zwischen BUWAL, kantonalen Landwirtschaftsämtern, kantonalen Jagdverwaltungen, Schäferverbänden und Herdenschutzzentren. Er koordiniert die Ernsteinsätze. Zusammen mit ihm sucht man mit den betroffenen Schäfern nach Lösungsmöglichkeiten.
- 11. Mitarbeit beim neuen Herdenschutzkonzept des BUWAL: Bei allen Entscheiden, die die praktische Umsetzung der Schutzmassnahmen betreffen sind die Zentrumsleiter dabei.
- 12. Zusammenarbeit in einem nationalen Kompetenznetz: Das BUWAL plant, im Unterwallis, im Tessin, im Bündnerland und eventuell Westschweiz/Jura Herdenschutzzentren aufzubauen.
In den vergangenen Jahren wurden die Aktionen des Herdenschutzzentrums natürlich dokumentiert und zeigen ein eindeutiges Bild:
Bonaveau 2007 | Bärenschutz |
Grialetsch 2007 | Bärenschutz |
Kurzrapport Ernen | Teilschutz für 700 Schafe |
Kurzrapport Münster 2007 | Herdenschutz |
Kurzrapport Ramosch 2007 | Bärenschutz |
La Vare 2007 | Einsatz mobiler Herdenschutz |
Bericht Guferli 2006 | Herdenschutz |
Bericht Moosmatte 2006 | Schutz nach Wolfsangriffen |
Bericht Münstertal 2006 | Bärenschutz |
Bericht Ramosch 2006 | Bärenschutz |
Bericht Ritzichumme 2006 | Schutz nach Wolfsangriffen |
Einsatz Rappetal 2006 | Schutz nach Wolfsangriffen |
Bericht Zwischbergental 2006 | Schutz nach Wolfsangriffen |
Bärenschutz Graubünden 2005 | Bericht Bündner Jagdverwaltung |
Ramosch-2005 | Baerenschutz im Unterengadin |
Alp da Munt-2005 | Bärenschutz im Münstertal |
Pontimia Juli 2004 (195 KB) | Wolfsschutzmassnahmen auf der Alp Pontimia |
Tessin II Juni 2004 (658 KB) | Besuch bei der Ziegenherde und den Schutzhunden; Mithilfe beim „Anti-Wolfszaun“ |
Tessin I April 2004 | Integration eines Schutzhundes in Milchziegenherde in Osco |
Panix Juni 2003- (606 KB) | Vom 30.Mai bis 06.Juni 2003 half Daniel Kley Agnella Spescha in Panix zwei Herdenschutzhunde in ihre gemischte Schaf-/Ziegenherde zu integrieren… |
Panix 2 2003- (1775 KB) | Bericht von Agnella Spescha |
Waltensburg 2003- (1591 KB) | Insgesamt viermal reiste die rasche Eingreiftruppe im Sommer 2003 nach Graubünden um der Waltensburger Schafgenossenschaft beim Herdenschutz zu helfen. |
Waltensburg 2 2003- (66 KB) | Bericht der Alpverwaltung |
Brigels August 2003- (1287 KB) | Mit 749 Schafen über den Kistenpass und Herdenschutz im Wolfsgebiet – 18. August bis 4. September 2003 |
Brigels 2 2003- (82 KB) | Bericht der Alpverwaltung |
Pontimia Juli 2002 – (976 KB) | 20 Tage Herdenschutz in Pontimia vom 22. Juli bis 9. August 2002– Bericht von Walter Hildbrand |
Mögen die vielen skeptischen Schafhalter nun die Hand an die Stirn schlagen und stöhnen es sei zu teuer, zu aufwändig oder ineffizient. Ich sage es ist möglich. Und allem voran fällt beim Durchlesen dieser Berichte eines auf: das grösste Hindernis in praktisch allen Fällen war die Zusammenarbeit mit den Hirten oder Kommunikationsprobleme. Das kommt meiner Ansicht nach nicht von Ungefähr.
Ob ich mich nun für einen Wald mit Wölfen, Bären und am besten noch Drachen ausspreche? Ja voll! Und bitte noch Einhörner und Faune! Wer sich in den Wald begibt, soll sich ruhig der Tatsache bewusst sein, dass er dort nur Gast ist. Ausserdem: würde man sich darauf einigen unsere Rückkehrer zu akzeptieren, würden eher in Methoden und Techniken investiert werden, die Angriffe verhindern (beispielsweise mit einem Gerät welches bestimmte, für die Tiere unangenehme Töne produziert und sie damit vertreibt). Aber solange bereits die Frage, ob man die Tiere wieder „zulassen“ will nicht abgehakt ist, kann man davon nur Träumen und geht dann wohl besser mit Stock und Stein bewaffnet durch unsere Wälder.
Und wenn das jetzt so supergrün ist, dann ist das halt jetzt supergrün, ich finde es einfach nur schade, dass Tiere die vom Aussterben bedroht sind mit Erlaubnis erschossen werden weil man nicht bereit ist, die Haus- und Nutztierhaltung weiterzuentwickeln.
Hier ein Link zur SF-Dokumentation über das Herdenschutzzentrum: „So kommt der Wolf auf den Hund“:
Guter Artikel! Es stört mich bloss, dass auch hier wieder die olle Kamelle vom Schafhirten ausgebreitet wird, der völlig durch den Wind ist, weil sein Schäfli, dass er doch so liebevoll gehegt und gepflegt hat, plötzlich vom Raubtier zerfetzt auf der Weide liegt.
Klar kann ich nicht in die Herzen dieser Schäfer sehen und klar ist es kein schöner Anblick. Aber immerhin ist die Endstation dieser Schafe der Metzger und ich bezweifle, dass ein Schaf nach einer Schlachtung wesentlich anders aussieht, als wenn es vom Wolf angefallen wurde. Weinen diese Schäfer auch dem Tiertransporter nach, der ihre Schafe zum Schlachthof bringt?
Und ein klitzekleiner Klugschiss zum Schluss: „Meister Petz“ bezeichnet den Bären. Wenn wir in der Fabelwelt bleiben wollen, wäre der Wolf „Meister Isegrimm“.
Merci für den Hinweis, ich bin so frei und werde meine Verfabelwechselung im Artikel mal korrigieren 🙂