Bitterwasser für alle: die Wahrheit über Schokolade

Wir haben die Strapazen nur überlebt, weil wir genug Schokolade dabei hatten.

– Roald Amundsen (der erste Mensch am Südpol)

Gib-mir-die-Schokolade-und-niemand-wird-verletztDer süsse Siegeszug im Glas

Die ganze Geschichte zur Kakaobohne und ihrem Weg zur Schokolade findet ihr in dieser hübschen Timeline . „Xocolatl“ hiess das Aztekengetränk, das Hernan Cortés 1528 von seinem blutigen Eroberungskrieg in der neuen Welt nach Spanien brachte. Am spanischen Hof kam Xocolatl gut an. Im restlichen Europa hingegen verlief die Karriere des Kakaos eher schleppend. Die Trinkschokolade war ungesüsst und enthielt verschiedene, teils scharfe Gewürze wie Chili. Erst die arrangierte Hochzeit zwischen der spanischen Prinzessin Anna von Österreich und Louis XIII ebnete der Verbreitung des Aztekengetränks den Weg: Die junge Königin führte die Schokolade am französischen Hof ein und machte sie damit schon bald zum Modegetränk der europäischen Aristokratie. Inzwischen hatte sich der Zucker als zweiter Hauptbestandteil neben der Kakaobohne bereits durchgesetzt.

Die Geschichte der „Schweizer“ Schokolade

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts brachten Wanderhändler aus Frankreich und Italien das exklusive Produkt auch in die Schweiz. Anfangs wurde es als Arzneimittel und Aphrodisiakum eingeschätzt und deshalb vor allem in Apotheken verkauft. Für Kinder war Schokolade nicht gedacht. Allmählich eroberte sie jedoch auch Jahrmärkte und Zuckerbäckereien. Die Wanderarbeiter aus Frankreich und Italien liessen sich in der Schweiz nieder und gründeten erste Schokoladenbetriebe: François-Luis Cailler lernte in Italien die Kunst der Cioccolatieri, kehrte in die Schweiz zurück und eröffnete dort 1819 die erste Schokoladenmanufaktur. Weitere Pioniere folgten ihm, darunter Namen wie Philippe Suchard, Rudolf Sprüngli, Aquilino Maestrani, Johann Georg Munz, Rodolphe Lindt, Jean Tobler, Henri Néstle, Robert und Max Frey, die man noch heute von gebräuchlichen (wenn auch grossteils verkauften) Schokoladenmarken her kennt.

Die Erfindung eines Niederländer läutete schliesslich den Beginn der industriellen Schokoladenproduktion ein: 1828 entwickelte der Niederländer Conrad Johannes van Houten ein Verfahren, bei dem den Kakaobohnen die Kakaobutter entzogen werden konnte. Dies ermöglichte nicht nur die Herstellung von Kakaopulver, sondern auch von Ess-Schokolade, bei welcher der Kakaomasse zusätzliche Kakaobutter zugefügt wird, damit sie hart wird. Van Houten traf damit den Nerv der Zeit: die Schokoladentafel war geboren.

Ausgerechnet einem Metzgerssohn gelang schliesslich eine letzte entscheidende Innovation: Er erfand die Milchschokolade. Daniel Peter aus Moudon hatte 1863 Caillers einzige Tochter geheiratet und so den Weg in die Schokoladenindustrie gefunden. Zehn Jahre lang tüftelte er, bis es ihm 1875 gelang, Kondensmilch zur Kakaomasse zu mischen – die Milchschokolade war geboren.

Mit der Industrialisierung und dem Aufstieg des Bürgertums wurde Schokolade zum beliebten Frühstücksgetränk für Frauen und Kinder, während Männer Kaffee tranken. Schokolade wird in der Schweiz mit knapp 12 Kilogramm pro Kopf und Jahr nicht nur weltweit am ausgiebigsten konsumiert, sondern ist auch eines der bekanntesten und beliebtesten Schweizer Exportprodukte.

Schokoladenproduktion heute

Tenside bewirken, dass zwei eigentlich nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Öl und Wasser, fein vermengt werden können. Beim Einsatz in der Lebensmitteltechnik werden Tenside als Emulgatoren bezeichnet. Die Alkalisierung bzw. Verseifung von Kakaofett in Trinkkakaopulver dient dazu, um die Oberflächenspannung der Milch herabzusetzen und eine schnellere Benetzung bzw. Suspension des halbfetten Kakaopulvers zu erreichen.

Grundsätzlich ist es auch möglich Schokoladen ohne Emulgatoren herzustellen. Dies ist aber aufwendiger und erfordert angepasste Rezepturen. Emulgatoren sind also nicht unbedingt notwendig, werden aber bei den meisten Herstellern eingesetzt. So sparen die Hersteller auf verschiedene Weise Geld: Die Conchierzeit kann verkürzt werden, was Energie spart. Die Fettreifebildung wird dank Lecithin vermindert, wodurch die Haltbarkeit der Schokolade steigt. Mit Lecithin lassen sich zudem bis zu acht Prozent Kakaobutter einsparen.

Die Schokoladenindustrie

Viele grosse Schokoladenmarken wie Cailler, Milka, Suchard, Toblerone usw sind mittlerweile in Besitz von Nestlé oder Kraft Foods. Die Marken Merkur, Camille Bloch und Frey haben sich dem Trend bisher widersetzt. Die Schweiz gibt viel auf ihre „Schoggi“, doch Kakao, deren wichtigster Bestandteil, wird häufig unter Bedingungen produziert, die vom Schweizer Bekenntnis zu den Menschenrechten und von der humanitären Tradition weit entfernt sind.

  • Weltweit bauen rund 5,5 Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern Kakao an.
  • 70% des weltweit gehandelten Kakaos kommt aus Westafrika.
  • Kakao anbauende Familien in der Elfenbeinküste müssten vier Mal mehr verdienen, um die Armutsgrenze von 2 Dollar pro Tag und Person zu erreichen. Von einem existenzsichernden Einkommen sind sie noch weit entfernt.
  • 530‘000 Kinder arbeiten unter missbräuchlichen Bedingungen auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste und Ghana.
  • Sechs grosse Schokolademarken (Mondelez, Mars, Nestlé, Ferrero, Hershey’s und Lindt & Sprüngli) beherrschen 40% des Weltmarkts.
  • Barry Callebaut und Cargill beherrschen 70-80 Prozent des Kuvertüren-Marktes.

Nun hat die Erklärung von Bern (EvB) ein sehr informatives Dossier zusammengestellt, mit Informationen über alle Schokoladenproduzenten in der Schweiz und ihren ethischen Prinzipien. Dabei stellte sich heraus, dass Chocolats Halba, die ihre Fairtrade-Schokolade über Coop vertreiben, das einzige Unternehmen ist, das die Wahrnehmung seiner sozialen Verantwortung und das Engagement in Nachhaltigkeit glaubhaft und transparent darstellte.

Neues aus der Schokoladenfabrik

Ein gesundheitliches Problem stellt Sojalecithin für Menschen mit Sojaunverträglichkeit dar: da produktionsbedingte Spuren schwer zu vermeiden sind, kennzeichnen Hersteller auch Produkte ohne Zutat von Sojalecithin als möglicherweise verunreiningt, wenn anderweitig im Betrieb Sojalecithin verarbeitet wird. Ein Problem ist auch die stark zunehmende Kreuzkontamination zwischen gentechnisch modifiziertem und gentech-freiem Soja. Als Alternative dazu steigt mittlerweile die Nachfrage nach Sonnenblumen-Lecithin. Das liegt zum einen daran, dass für Sonnenblumen und daraus erzeugte Produkte heute kein Risiko einer Genmodifizierung besteht. Zum anderen müssen Sonnenblumenprodukte in Europa nicht als Allergene deklariert werden.

Zwanzig Mitarbeiter, darunter zwei Lebensmitteltechnologen, forschen dort seit 1994. Die stolzen Ergebnisse der Schoko-Wissenschaftler: zahnfreundliche Schokolade, bei der natürliche Süßungsmittel den Zucker ersetzen und Deutschlands erste Schokolade ohne Lecithin, die in diesem Herbst auf den Markt kommen soll. Sternchemie, einer der internationalen Anbieter von Lecithinen, hat 2011 in einem Versuch erneut nachgewiesen, dass Sonnenblumen-Lecithin bei der Schokoladen-Herstellung als Alternative zu IP-Soja-Lecithin eingesetzt werden kann, so ist auch Ei-Lecithin möglich. Einige wenige Hersteller wie z.B. Pacari verwenden anstelle von Sojalecithin Sonnenblumenlecithin.

Wer eine Soja-Allergie hat, und trotzdem den Schokoladengenuss nicht aufgeben will, muss im Grosshandel auf Produkte auf ein paar ausgewählte Glacés und Puddingprodukte mit Schokogeschmack ausweichen, da hier häufig noch kein Soja als Emulgator notwendig ist. Am Ende meiner Recherchen sind 3 Schokoladenmarken übrig geblieben, die sowohl bio, fair und sojafreie Schokolade anbieten:

  • Halba
  • Pacari
  • Gebana

Etcpp:

  • Schokolade ist für viele Tiere giftig: Insbesondere Hunden fehlt ein Enzym, um Theobromin, ein Inhaltsstoff von Schokolade, abzubauen. Merke: Schokolade ist nichts für Tiere.
  • Schokolade bedeutet ursprünglich „Bitterwasser“: Bei den Azteken hatte Schokolade den Namen „Xocólatl“, was soviel wie „Bitterwasser“ bedeutet. Die ganze Geschichte zur Kakaobohne und ihrem Weg zur Schokolade findet ihr in dieser hübschen Timeline.
  • Es gibt einen Schokoladen-Themenpark: In der chinesischen Hauptstadt Peking wurde im Jahr 2010 der weltweit erste und bis heute einzige Schokoladen-Themenpark eröffnet.
  • Die größte Schokomesse der Welt findet in Paris statt: Der Salon du Chocolat findet nicht nur in Zürich statt. Die größte Station des Schokoladenfestivals darf jedes Jahr in Paris bewundert werden.

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