Wir erleben mit der aktuellen Corona-Pandemie ein Ereignis, welches uns und künftige Generationen nachhaltig prägen wird. Und tatsächlich scheint eine Apokalypse im Gange zu sein. Nicht die cineastisch ausgefärbten Dystoypien oder gar der Untergang der Menschheit, sondern eine Apokalypse im wörtlichen Sinne:
Die Enthüllung dessen, was bisher verborgen blieb.
Unsere Allmacht wird von einem winzigkleinen Wesen bedroht. Die onmipräsente Ausnahmesituation zwingt uns dazu, mehr über alles nachzudenken, wir:
- Verstehen, dass die Welt ein Dorf ist
- Begreifen, dass uns nur noch der Einsatz für die Gemeinschaft vor der Anarchie schützt
- Erkennen, dass wir eigentlich gerne die Welt miteinander teilen.
- Erkennen, zu welchen Massenbewegungen wir in der Lage sind (wir erhalten damit erstmals unschätzbar wertvolle Messergebnisse zum menschlichen Einfluss auf das Klima).
- Erkennen, dass Konsum, Religion, Aberglaube und Wunschdenken uns Hoffnung aber keine Lösung schenken können.
- Spüren, dass in uns Schaffenskraft ist, auch wenn sie gerade nicht vom Markt abgerufen wird.
- Finden die Schwachstellen in unserem Gesellschaftssystem und können uns verbessern.
- Erkennen, dass das Grosse Ganze nur mit Hilfe vieler kleiner Dinge zu seiner Grösse finden kann.
Das Corona Virus macht uns zu Schrödingers Katze: Wir wissen nicht ob wir Opfer oder Täter waren/sind/sein werden.
Unsere Gefühle können im gleichen Masse zwischen den Extremen schwanken, wir:
- Entdecken in der gewonnen Zeit Muse und Aufmerksamkeit für die kleinen Dinge
- Empfinden das totale Ausgeliefertsein gegenüber dem Staat und politischen Entscheidungen.
- Haben Angst davor, dass unsere Existenz – und damit meine ich nicht das physische Leben – durch diese Pandemie in Gefahr ist.
- Fürchten uns davor, dass sie all diese Arbeit, die nun liegen bleibt, nicht in einem Leben abgetragen werden kann.
- Wir realisieren, dass dieser Markt einer unfassbar grossen Anzahl von Fachkräften den Lohn vorenthält, den sie aufgrund ihrer Systemrelevanz verdienen.
- Wir erkennen, dass Systemrelevanz alleine aber nicht darüber entscheiden darf, wessen Existenz von der Pandemie bedroht wird und wessen nicht.
Unsere vom Markt konditionierte Gier nach Spass sollte unsere latente Angst vor dem wirtschaftlichen Versagen kompensieren, doch nun dreht sich das Spasskarussell nicht mehr und alles was bleibt ist starre Angst.
Der Lockdown triggert erst einmal die bange Furcht, doch wer seine Augen trotzdem offen behält, bemerkt dass sein Blickfeld (schmerzhaft) erweitert wird. Wir haben die Chance, die Toten dieser Pandemie zum Anlass zu nehmen um solche oder noch schlimmere Ereignisse in der Zukunft zu verhindern.
Der Begriff der Grundversorgung muss neu konzipiert werden: Bereits Hannah Arendt wusste, dass Menschen vor der ständigen Angst vor dem Tod (ob durch Armut oder Krankheit) geschützt werden müssen damit diese nackte Panik nicht ununterbrochen auf den Spieltischen des freien Marktes wie Plastikgeld verzockt oder als politisches Druckmittel genutzt werden kann.
Wir haben die Möglichkeit und das Recht an unserem System etwas zu ändern, und wir müssen aufhören andere klein halten zu wollen, denn eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.
Nur wer im Sinne der Kleinsten handelt, handelt wirklich gross: der Schutz sogenannter Risikogruppen und all jener, welche nun ihre Existenz durch das Virus bedroht sehen, hat ein neues soziales Selbstverständnis geschaffen.
Gespräch Positive Visionen für die Post-Corona-Ära mit Zukunftsforscher Matthias Horx
Corona als Beschleuniger: Welche gesellschaftlichen Folgen hat die Pandemie?