Zum Welttag der Humanitären Hilfe

2011-01-16 06.33.01Der 19. August feiern wir den Internationalen Tag der Humanitären Hilfe.
Ich nehme dies als Anlassm um die aktuellen Probleme und den Handlungsbedarf der Humanitären Hilfe näher zu beleuchten: Wir assoziieren den Begriff in erster Linie mit Mildtätigkeit, Parteilosigkeit und Gutmenschentum, doch sowohl unsere Geschichte als auch wissenschaftliche Studien lehren uns, dass sie nicht frei von Kritik sein darf.

(Es gilt das sinnfreie Feiertagsdekret)

Als humanitäre Hilfe bezeichnet man Maßnahmen zum Schutz und zur Versorgung von Menschen in einer Notlage, die über eine Erstversorgung hinausgehen. Die Geschichte der modernen humanitären Hilfe beginnt mit Henry Dunant, der Gründung des Internationalen Roten Kreuzes und der Genfer Abkommen in den 1860er Jahren.

Humanitären Aktionen beschränken sich in der Regel auf die kurz- bis mittelfristige Beseitigung des Leidens der betroffenen Bevölkerung durch

  • Erkundungen/Rettungsmaßnahmen
  • Erstversorgung/Medizinische Versorgung
  • Sicherstellung von Trinkwasser/Verteilung von Nahrungsmittel
  • Zelte/Decken
  • Gefangenenbesuche/Kontrolle von Haftbedingungen
  • materielle und logistische Bereitstellung von Hilfsmitteln

Enorme Verantwortung

Bereits Lenin appellierte an die internationale Gemeinschaft und den Völkerbund, mit Nahrungsmittelhilfe in großem Stil auszuhelfen. Seine Bedingung: Die Verteilung sollte ganz in den Händen seiner Partei und Regierung liegen, der Westen hatte lediglich zu liefern. Trotz des durchaus erkannten Dilemmas, wie weit man das mörderische Lenin Regime durch internationale Hilfe stärken würde, liess man sich auf den Handel ein. Lenin konnte durch die mildtätige Verteilung von Nahrungsmitteln an die leidende Bevölkerung gleichzeitig sein angegriffenes politisches Ansehen stärken. Man durfte davon ausgehen dass das staatlich kontrollierte Verteilungssystem die Hilfsgüter an politisch Bevorzugte weitergegeben habe und eine Art „triage“ benutzte, um sich unbequemer Bevölkerungsgruppen „zu entledigen.“ Nazi-Deutschland, der sowjetische Gulag, China unter Mao – die internationalen humanitären Organisationen waren abwesend, obwohl es zweifelsohne Bedarf gegeben hat.

Fehlende Kontrolle

Alleine die Entwicklungshilfe der Geberländer der OECD summieren sich auf rund 120 Milliarden Dollar pro Jahr. Über die restlichen, privaten Spenden von Organisationen, Vereinen, Initiativen und Kirchen weiss man sehr wenig. Es gibt keine zentrale Institution, die kontrolliert, wie viel Geld weltweit verteilt wird. Ein Umfeld, dass sich bestens dafür eignet, konkurrierende Organisationen gegeneinander auszuspielen, mit dubiosen Angeboten Geld zu verdienen oder sogar Kriege damit zu finanzieren.

Korruption

Mehr oder weniger diktatorische Regierungen ebenso wie größere und kleinere Kriegsherren und Bandenführer sahnen heute bei internationalen Hilfseinsätzen in Krisengebiete kräftig ab. Exorbitante Einfuhr- und Wegezölle, ebenso wie überhöhte Hafen-, Lager-, Transport- und Visagebühren sind selbstredend in harter Währung zu bezahlen. Für Somalia stellte die Uno Monitoring Group fest, dass die Hälfte der Nahrungsmittelhilfe des Welternährungsprogramms in den Taschen der Warlords, ihrer Geschäftspartner sowie lokaler Mitarbeiter landete. Mehr als 200 Millionen Dollar pro Jahr verschwanden. Sie nahmen sich, was sie brauchten und kassierten eine Art Steuer von den Mitarbeitern der Organisationen. Von den Geldern kauften sie unter anderem Waffen.

Politischer Missbrauch

Während die amerikanischen Bomber Kabul und andere Ziele in Afghanistan als Teil des „Kriegs“ gegen den Terror angriffen, warfen sie gleichzeitig Tausende von Tonnen Lebensmittelpakete über Afghanistan ab und nannten das humanitäre Hilfe. Die offizielle Begründung: man führe nicht Krieg gegen die Zivilbevölkerung, sondern gegen die Terroristen. Da man jedoch die Zivilbevölkerung vor den Bomben nicht schützen könne, wolle man durch die Lebensmittelabwürfe wenigstens etwas Hilfe bringen. Gleichzeitig allerdings mussten alle internationalen Mitarbeiter der Hilfsorganisationen für drei Monate das Land verlassen.

Handlungsbedarf

Die ÖkonomInnen, MathematikerInnen und PhilosophInnen von Hilfswerk-Evaluatoren wie „GiveWell“ haben hunderte Hilfsorganisationen wissenschaftlich untersucht und kamen zum Schluss, dass für die Wirksamkeit vieler Hilfsmaßnahmen überhaupt keine Evidenz existiert und einige Hilfswerke um mehrere Größenordnungen effektiver sind als andere. Die Humanitäre Hilfe trägt aufgrund ihres Tätigkeitsfeldes eine enorme Verantwortung und ist aufgrund fehlender Kontrolle/Koordination jederzeit Korruption und Missbrauch ausgesetzt.

Der Handlungsbedarf liegt darin, Spenden an Humanitäre Organisationen nicht alleine als Zeugnis von Altruismus, sondern als wertvolle und wohlüberlegte Investition zu betrachten.

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